11.02.2016
Mit dem Berlin-Brandenburger Epilepsie-Forum „Wenn Menschen mit schwerer Mehrfachbehinderung krank werden“ am 27.2.2016 informieren die Tagesförderstätte Harbigstraße und der Landesverband Epilepsie Berlin-Brandenburg e.V. über die geplanten Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger und schwerer Mehrfachbehinderung (MZEB).
Barbara Stein hat das Angelman-Syndrom. Sie
leidet an einer starken zerebralen Bewegungsstörung und Epilepsie. Die freundliche
junge Frau sitzt im Rollstuhl, kann nicht sprechen, nicht selbstständig essen und
ist inkontinent. Schmerzen empfindet und zeigt sie erst, wenn diese bereits
sehr stark sind.
Wenn die 26-jährige Schmerzen hat, kann ihre Mutter
das nur durch Beobachtung erkennen. „Ich muss mich auf mein Gefühl und
jahrelange Erfahrung verlassen“, erzählt Ulla Stein. „Bei einer
Blasenentzündung hat Babsi ein schmerzhaft verzerrtes Gesicht und die Tränen rollen.“ Unterleibsschmerzen bei der monatlichen Regel
äußere sie durch Unmutslaute wie Brummen, Sodbrennen durch einen angewiderten
Gesichtsausdruck, so Ulla Stein.
Zahnbehandlungen können nur in Narkose durchgeführt
werden, „sonst würde sie den Mund nicht aufmachen“. Einen Zahn hat Barbara bereits verloren, weil eine Vereiterung übersehen wurde. Seitdem lässt Ulla Stein einmal im Jahr eine Untersuchung in Vollnarkose und dabei gleich eine
professionelle Zahnreinigung durchführen.
Mehr als 20 Narkosen und zwei Operationen am Rücken
hatte Barbara bereits. Noch nie wurde sie jedoch gynäkologisch untersucht. „Ich
weiß nicht, wie das gehen soll“, sagt ihre Mutter mit schlechtem Gewissen. Sie ist
in ständiger Sorge: „Typischerweise werden viele Sachen erst sehr spät erkannt.
Ich hätte Babsi viel erspart, wenn sie schon früher eine Magenspiegelung
gehabt hätte.“ 2003 wurde bei einer Magenspiegelung ein Reflux 3. Grades
diagnostiziert. Barbara muss bereits über Jahre an Reflux – Sodbrennen – gelitten
haben.
Dörte Eggers, Leiterin der Tagesförderstätte Harbigstraße, weiß, dass dies kein Einzelfall ist: „Die unzureichende
Versorgungssituation macht viele Eltern ratlos. Dazu kommt, dass Ärzte nicht
darauf eingestellt sind, sich genügend Zeit zu nehmen, um im Gespräch mit den
Eltern herauszufinden, was die Gründe für verändertes Verhalten sein könnten. Das
hat mitunter dramatische Folgen.“ Die Heilpädagogin berichtet von einer inzwischen
verstorbenen jungen Frau, die jahrelang nicht richtig behandelt wurde und deren
Speiseröhre durch ständigen Reflux völlig verätzt war.
Zwar gibt es in Berlin Einrichtungen, die ambulante
und stationäre Behandlungsmöglichkeiten für schwer behinderte Menschen vorhalten.
Sie decken den Bedarf jedoch bei weitem nicht ab und stoßen schnell an ihre
personellen und zeitlichen Grenzen.
Dies könnte sich jetzt − zumindest im Bereich der ambulanten Versorgung − ändern. Der Gesetzgeber hat im vergangenen Jahr mit
dem § 119C SGB V die Voraussetzungen zur Einrichtung von Medizinischen
Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger und schwerer
Mehrfachbehinderung (MZEB) geschaffen, um auch für diesen Personenkreis eine spezialisierte und qualitativ hochwertige
Versorgung aufbauen zu können.
Die Veranstalter des Epilepsieforums wollen im
Dialog mit erfahrenen Medizinern sowie Politikern besprechen,
welche Möglichkeiten sich aus der neuen gesetzlichen Regelung ergeben, wo
Versorgungszentren geplant sind und welche Anforderungen sich aus der Sicht von
Angehörigen und Betreuern ergeben.
Die Teilnahme ist kostenlos. Um Anmeldung bis zum 18. Februar wird gebeten.
Hier finden Sie den Veranstaltungsflyer mit Programm und Anmeldung zum Download.
27. Februar 2016
10 – 15 Uhr
Tagesförderstätte Harbigstraße der Lebenshilfe
Berlin
Harbigstraße 10-12
14055 Berlin-Charlottenburg
Dörte
Eggers
Tagesförderstätte Harbigstraße
Telefon 030 3067370
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Tanja
Salzmann
Landesverband Epilepsie Berlin-Brandenburg e.V.
Telefon 030 3470 3483
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Mehr Informationen zu den geplanten Behandlungszentren für Erwachsene mit geistiger und schwerer Mehrfachbehinderung finden Sie beim Paritäter Berlin.
Christiane Müller-Zurek
Telefon 030. 82 99 98-181
mobil 0176. 10 17 92 22
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